Primern und verkleben von Kunststoffscheiben aus PMMA und PC

Um eine gute bis sehr gute Haftung auf Oberflächen von Kunststoffen zu erreichen, ist es notwendig, dass die Oberflächenspannung der Kunststoffe gleich oder größer ist als die Oberflächenspannung des Primers oder des Klebers.

Die Oberflächenspannung wird in mN/m gemessen. Um eine ausreichende Haftung aufzubauen ist es notwendig einen Wert 38 mN/m zu erreichen. Man spricht bei der Oberflächenspannung auch vom Grad der Oberflächenverschmutzung. Also je sauberer eine Oberfläche ist, je höher ist Ihre Oberflächenspannung, je besser kann der Primer / Kleber anfließen.

Bei Kunststoffscheiben aus PMMA (z.B. Acrylscheiben) oder PC (z.B. Makrolon) kommt hinzu, dass diese Kunststoffe thermisch verformbar sind, sich also bei Wärme stark ausdehnen (bei einer Normscheibe von 1000 x 200 x 5mm und einer Temperaturerhöhung von 20°C beträgt die Ausdehnung 1,3345 mm je Richtung). Dieser Effekt ist notwendig, wenn die Scheiben durch Warmverformung an den Bootskörper angepasst werden müssen.

Wenn man PMMA- oder PC- Kunststoffe bearbeitet, sollte so wenig Wärme wie möglich in die Oberflächen eingebracht werden, damit sich die Thermoplasten durch die Wärme nicht verändern. Eine Bearbeitung mit einer Säge ist also nicht zu empfehlen. Wassergekühlte Fräsen sind besser. Auf jeden Fall muß der Kunststoff nach der Bearbeitung getempert (Rückentspannt) werden, also die ganze Scheibe gleichmäßig erwärmt werden und in einem geregeltem Vorgang wieder abgekühlt werden, so dass die bei der Bearbeitung entstandenen Spannungen wieder aus dem Kunststoff entfernt werden.

Hierdurch wird die Oberflächenspannung des Kunststoffes aber nicht beeinflusst. Hierzu ist eine Oberflächenbehandlung mit Corona-Anlagen oder ein Plasmaverfahren notwendig. Diese Verfahren werden aber nur in der Industrie eingesetzt um die Oberflächenspannungen gezielt auf einen vorher errechneten Wert mN/m zu bringen (z.B. bei neuen Lukenscheiben).

Im Handwerk ist es deshalb notwendig erstmal den Wert mN/m auf der Oberfläche zu ermitteln. Hierfür stehen Testgeräte zu Verfügung, die allerdings in der Anschaffung nicht ganz billig sind (ab ca. 3000,–€)

Einfacher und preiswerter geht es mit Testtinten, z.B. von der Firma Fischer.

Auf der mit Pantasol light und Papiertuch gereinigten Oberfläche

wird mit der Testtinte des Wertes 36 oder 38 mN/n ein ca. 5 cm langer Strich aufgetragen.

Zieht sich der Strich innerhalb von 2 Sekunden zusammen, ist die Oberflächenspannung niedriger als die der Tinte. In diesem Fall sind die Adhäsionskräfe der überprüften Oberfläche noch zu schwach (Primer oder Kleber bauen keine Haftung auf).

(Links ein Teststrich mit 36 mN/m und rechts mit 38 mN/m beide ziehen sich nach ca. 2 Sekunden zusammen, die Oberfläche ist nicht bereit Primer oder Kleber aufzunehmen)
Bei manchen Oberflächen genügt es weitere Reinigungsschritte durchzuführen. Andere Oberflächen verändern sich durch chemische Reinigung nicht weiter.

(Links und rechts der zusammengezogene Teststrich, rechts daneben ein Erstauftrag mit UV-Primer Top, er kann keine Haftung aufbauen)
In diesem Fall kann man auf eine Methode zurückgreifen, die auch in der Industrie Anwendung findet und zwar auf die Beflammung.

(Ein geeigneter Gasbrenner)
Beflammung:
Eine weitere Methode zur Oberflächenbehandlung von Kunststoffen ist der Einsatz von sehr hohen Temperaturen. Hierzu werden die Kunststoffe so lange beflammt (z. B. mit einem Gasbrenner), bis sich die Oberflächeneigenschaften verändert haben. Diese Methode kommt ohne schädliche Chemikalien aus, ist jedoch langsam und erzeugt Emissionen wie NOx oder CO. Dazu kommt eine gewisse Brandgefahr.

(Vorsichtiges, gleichmäßiges Beflammen der gereinigten Oberfläche, ohne den Kunststoff zum Schmelzen zu bringen)

Es geht nur mit einer Flamme nicht mit dem Heißluftföhn.

(Links die Teststriche mit 36 und 38 mN/m nach der Beflammung. Rechts die zusammengezogenen Teststriche mit 36, 38 mN/m und UV-Primer Top)
Anschließend wieder mit der Testtinte 36 oder 38 mN/m eine Strich ziehen, bleibt dieser als Strich vorhanden und zieht sich nicht zusammen ist die Oberfläche bereit den Primer oder Kleber anzunehmen.

(Links die Teststriche mit 36/38 mN/m und der Erstauftrag mit UV-Primer Top auf die
Beflammte Oberfläche. Rechts sieht man noch die Reste der Teststriche 36/38 mN/m
auf der unbeflammten Oberfläche)

Teststifte der Firma Fischer können Sie in den Stärken 36 und 38 mN/m bei uns bestellen:

36 mN/m Bestell Nr. 10.80.36
38 mN/m Bestell Nr.10.80.38